Vegan for Fun: Attila Hildmann kocht vegan

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Zugebenermaßen bin ich auf den Attila-Hildmann-Zug etwas spät aufgesprungen, ja fast von ihm überrollt worden. Mit einer Freundin unterhielt ich mich über vegane Ernährung und hatte die Idee, einen einmonatigen Vegan-Trial zu machen. Also begann ich mit meinen Recherchen und stolperte unwillkürlich über Attila Hildmann, eigentlich Physikstudent in Berlin, aber mittlerweile etablierter Natural Foods Chef, wie es die Amerikaner gerne nennen. Seine ersten Bücher brachte Hildmann noch ohne Verlag auf den Markt, mittlerweile ist der Becker Joest Volk Verlag auf ihn aufmerksam geworden und veröffentlichte mitunter Vegan for Fit und Vegan for Fun. Die Titel lassen es schon erkennen: Hier macht Vegan-Sein nicht nur gesund, sondern auch noch – Gott verbitte – Spaß. Einen kurzen „Blick ins Buch“ auf meiner Hassliebe amazon und schon war das Ding im Warenkorb. Ich war glücklich und irgendwie etwas stolz auf mich – mein erstes veganes Kochbuch! Mit geschwellter Brust e-mailte ich meiner vegetarisch-veganen Komplizin von meinem Kauf, worauf sie antwortete: „Attila oder La Veganista?“ Enttäuscht musste ich mir eingestehen, dem veganen Trend wohl doch etwas hinterher zu hinken.

Als ich das Päckchen mit Vegan for Fun aufriss, musste ich mich erst einmal durch eine Reihe von Autorenfotos blättern: Attila beim Kochen, Attila beim Überqueren der Kreuzung, Attila auf seinem Fahrrad, Attila mit seinen Schülern in der Kochschule, Attila beim Workout, Attila beim Studieren, u.s.w. Ein vorher-nachher-Bild darf natürlich auch nicht fehlen, da Attila als einstiger Fleischesser noch 35 Kilo mehr auf die Waage brachte. Aber wo geht es hier denn bitte zu den Rezepten??? Auf Seite 35.

Vegan for Fun besteht aus ingesamt 5 Teilen.

Unter „Richtig satt“ findet man 20 Hauptspeisen, darunter viele Gerichte, die man normalerweise mit Fleisch kennt. So zeigt Attila vegane Varianten von Burger, Döner, Pasta Carbonara, Gulasch und Nasigoreng. Hildmann verwendet viel Soja, Tofu und Mandelmus (für die cremige Saucenkonsistenz). Berühmt ist der vegane Jamie Oliver, wie er oft genannt wird, für seine berühmten Spaghetti Bolognese, die ich ehrlich gesagt noch nicht ausprobiert habe. Ich stehe einfach nicht auf fleischlose Gerichte, die aber wie Fleischgerichte aussehen und geschmacklich Fleisch imitieren. Von daher habe ich mich für die „Tagliatelle mit grünem Spargel in Safran-Orangen-Creme“ entschieden. Das Rezept verlangt nach herkömmlichen Zutaten, was mir gefällt. Lediglich das Mandelmus musste ich mir im Drogeriemarkt kaufen. Dieses ist mit 6,95 Euro für 250 ml zwar nicht günstig, schmeckt aber auch auf Brot super und enthält viel Eisen. Beim Kochen musste ich feststellen, dass mir die Zubereitungsanleitung nicht besonders zusagt: Mit einem engem Fließtext ohne Absatz, in dem lediglich die einzelnen Zutaten gefettet sind, gestaltet sich das Kochen bei mir einfach chaotisch. Dauernd verrutsche ich im Text, während sich die Zwiebeln schon bedrohlich verfärben und ich immer noch in den Instruktionen nach dem nächsten Schritt suche. Mir persönlich gefällt es auch, wenn Rezepte vorweg angeben, welche Geräte während der Zubereitung gebraucht werden. Das vermindert das Chaos im Kopf und in der Küche. Das Kochbuch könnte also insgesamt mehr Struktur vertragen. Das Gericht war aber trotz Küchenchaos annehmbar, obwohl ich der cremigen Sauce eine öligere vorgezogen hätte.

Unter „Veggie Party“ versammelt Attila 7 Partysnacks, darunter auch Tofunuggets, deren Aussehen bei mir Happy Meal-Erinnerungen aufkommen lassen. Diese auszuprobieren, wird mich einiges an Überwindung kosten. Denn schließlich isst das „Vegetarierauge“ mit.

Es folgen weitere 5 vegane Snacks „to go“, wobei mir besonders gut das Sandwich mit Spinat, Avocado und Rote Bete-Sprossen gefällt. Attila beschmiert es mit Cashewmus (nicht Cashewcreme!), aber ich mag es auch mit – Überraschung! – Mandelmus.

Nach den doch relativ deftigen Mahlzeiten, wenn auch vegan, präsentiert Attila unter „Leicht und Lecker“ weitere 10 Gerichte, wobei die letzten drei Shakes sind. Neben selbstgemachten Maki-Sushi, die ich mir doch lieber beim Japaner bestellen würde, und 3 verschiedenen Brotaufstrichen, die ich mir aus Faulheit einfach im Bioladen oder Drogeriemarkt kaufe, gibt es Couscous-Salat und ein Gemüse-Kokos-Curry. Beide Gerichte wurden ausprobiert. Hier das Fazit: Das Curry hätte weniger Chili vertragen können. Durch die Schärfe konnte ich Curry und Kokosmilch kaum herausschmecken. Der Couscous-Salat wurde hingegen schon mehrmals nachgekocht. Dadurch dass er auch super kalt gegessen werden kann, ist er genial für unterwegs und hätte auch in die Kategorie „Vegane Snacks to go“ gepasst. Ich empfehle jedoch rote Zwiebeln oder einfach gar keine. Die Shakes sehen toll aus, wenn auch namentlich an den Muckibuden-Effekt angelehnt (Powerhorse-Shake und Energydrink).

Bei den Dessert-Rezepten (mit 17 an der Zahl sehr umfangreich) setzt Attila hauptsächlich auf Schicht-Desserts und tischt Süßes auf, wie Donauwellen und Tiramisu, sowie die fettärmeren Varianten von Milchschnitte, Snickers und Raffaelo. Seine Hauptzutaten sind: Sojaschlagsahne, Zartbitterschokolade und Rohrzucker. Die Idee, bekannte Desserts zu veganisieren, ist sicherlich interessant, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es hier nur darum geht, kalorienärmere Produkte aufzutischen.

Hildmann verkauft die vegane Küche als jung, modern und gesund. Und fungiert dabei natürlich mit seiner eigenen Geschichte als Aushängeschild. Das macht er auf seine Weise gut und konsequent. Meiner Meinung nach sprechen die Rezepte jedoch vorrangig Leser an, die es gewohnt waren, deftig zu essen und nun durch eine tierlose Ernährung Gewicht verlieren wollen, ohne dabei vollständig auf ihre Lieblingsspeisen verzichten zu müssen. So wird bei vielen Rezepten etwa das Fleisch durch (geräucherten) Tofu imitiert. Und wenn man es nicht besser wüsste, käme man beim Anblick der Fotos auf den Gedanken, Chicken McNuggets, Big Macs und Döner zu sehen. Als Langzeit-Vegetarier, dem es nicht auf die Reduzierung von Körperfett und Cholesterinwerten ankommt, spricht mich dieser Ansatz leider nicht an. Als Diätkochbuch ist Vegan for Fun sicherlich empfehlenswert.

Attila Hildmann
Vegan for Fun. Junge vegetarische Küche.
Becker Joest Volk Verlag, 2011.
192 Seiten

Das Buch ist in jeder Buchhandlung erhältlich.

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