Berlin Fashion Week Herbst/Winter 16/17: Greenshowroom und Ethical Fashion Show Berlin

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Wie ihr bereits wisst, war ich vom 19. bis zum 21. Januar wieder im Greenshowroom und auf der Ethical Fashion Show Berlin, den grünen Modemessen. Als ich am letzten Ausstellertag nach Hause ging, machte sich in mir ein Gefühl von Aufbruch, Inspiration und Optimismus breit. Frieda Ottensen, eine der drei Teilnehmerinnen der norwegischen Web-Dokumentation „Sweatshop“ (ich berichtete hier darüber), sagte am Ende ihrer beeindruckenden Präsentation: „We can all do something. Together we can make a change in this world“. Klingt naiv. Ist es vielleicht auch. Aber irgendwie hat die 19-jährige recht. Jeder kann im Kleinen einen Unterschied machen. Wir müssen nur den nächsten Schritt wagen. An Angeboten im Eco Fashion-Segment mangelt es auf jeden Fall nicht: Die Zahl an Ausstellern auf den grünen Modemessen steigt weiterhin. Im Gegensatz zu vielen anderen Messen, habe ich hier nie das Gefühl, dass Fragen nicht gerne gehört werden (und ich stelle von Natur aus gerne Fragen!). Und, dass man auch zugibt, wenn es hier und da noch Raum für Verbesserung gibt. So hatte ich nach der Fashion Week endlich mal wieder den Eindruck, dass immer mehr Menschen bereit sind, einen Schritt weiterzugehen. Seht selbt!

The sky is the limit! Mit Buch 1 Kapitel 4 erweitert das High End-Label Elsien Gringhuis seine Basic-Kollektion mit gewohnt klaren Silhouetten und liebevollen Details, etwa in Form von Reißverschlüssen, Waffle-Mustern und Schlitzen. Absoluter Hingucker der sonst farblich reduziert gehaltenen Elsien Gringhuis-Ästhetik ist der Himmel-Print auf Oberteilen und Kleidern. Das niederländische Label verwendet ausschließlich GOTS-zertifizierte Materialien, darunter viel Seide und Wolle. Das Kurzarmoberteil im Off White-Ton und der schwarze Blouson sind aus Bio-Baumwolle. Besonders die Handwerkskunst versetzt mich jedes Mal in Ehrfurcht. Für mich ist Elsien Gringhuis nach wie vor das beste, was das High Eco-Fashion-Segment zu bieten hat.

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Vor einem Jahr waren Jula und Anna vom Hamburger Label Jan ’n June das erste Mal im Greenshowroom. Seitdem gibt es eigentlich kein Eco Fashion-Blog, das nicht von dem Label schwärmt. Kein Wunder, die Mädels machen nicht nur wunderbare Mode, sondern sind auch unangestrengt sympathisch. Und ehe man sich versieht, versackt man wieder in der Jan ’n June-Booth, isst Oreos und schlürft Prosecco. Das Schöne: Allen anderen scheint es genauso zu gehen. Julas und Annas neuester Streich heißt „Time and Space“. Die Kollektion ist extrem gut kombinierbar (wie findet ihr meine Sweater-Westen-Kombi?) und etwas erwachsener geworden. Nach wie vor finden nur vegane Materialien Verwendung. Dabei könnte man beim bloßen Hinsehen das recycelte Polyester glatt mit Seide verwechseln. Die Farbpalette umfasst Schwarz, Weiß, Grau und Petrolblau. Echte Klassiker, jenseits von Zeit und Raum. Und auch wenn es noch ein wenig hin ist, bis die H/W 16/17-Kollektion in den Handel kommt, freue ich mich jetzt schon auf das Revival des Bodys. Danke, Ladies!

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Wenn ich unbeschwert in Absätzen laufen könnte, dann fiele meine Wahl auf die Schuhe von Alina Schuerfeld. Die Schuhe aus Nappa- und Nubukleder sind vegetabil und somit chromfrei gegerbt, ebenso wie die mitunter verwendeten Fischhäute aus Bio-zertifiziertem Lachsleder, die ein Abfallprodukt aus der Lebensmittelindustrie sind. Gefertigt werden die Modelle in Deutschland und Italien. Preislich gesehen liegen die Schuhe – es gibt übrigens auch eine sehr schöne Herrenkollektion – zwischen 300 und 500 Euro. Wer also nachhaltig produzierte Lederschuhe für den besonderen Moment sucht, sollte sich Alina Schuerfeld merken.

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Für alle, die tierfreie Schuhe tragen möchten, gibt es gute Nachrichten: Das Berliner Label FreiVon war dieses Mal als Aussteller auf der Ethical Fashion Show vertreten. Im Sommer 2015 waren die Gründer Sarah und Paul noch Teil des vom Noveaux Magazin kuratierten „Vegan Showcase“. Nun konnten Sie mit ihrem eigenen Stand ihre Schuhe und Philosophie – vegan, nachhaltig und handgemacht – präsentieren. Zu den Schuhen: Das Obermaterial besteht zu 50% aus Getreideabfällen und zu 50% aus Kunstleder. Die Sohle ist aus Bio-Plastik, das durch einen petrochemischen Prozess gewonnen wird, aber hinterher reycelfähig ist. Die Innensohlen sind herausnehmbar. Gefertigt werden die Schuhe von Familie Siebert in Rheinland-Pfalz. Kostenpunkt: 240 Euro. Das Label ist davon überzeugt, dass vegane Materialien die Zukunft sind. Gleichzeitig geben Sarah und Paul offen zu, dass die nachhaltige Produktion tierfreier Schuhe nicht immer einfach ist und Kompromisse gegenüber der Umwelt leider (noch) dazugehören. Wer veganen Schuhen gegenüber skeptisch ist, empfehle ich diese Podiumsdiskussion auf der INNATEX, in der dank Paul sehr schön die Probleme der Lederindustrie herausgearbeitet werden.

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Breaking News: Ich bin großer Reet Aus-Fan (zum Nachlesen geht es hier lang). Auch in der neuen Upmade-Kollektion, die aus Schnittresten, Stoffrollenenden und Überproduktion unter fairen Arbeitsbedingungen in Bangladesch entsteht, habe ich wieder einige potentielle Lieblingsteile entdeckt. Besonders gut gefällt mir die Herrenkollektion des estnischen Labels. Auch in der H/W 16/17-Kollektion gibt es wieder Mäntel und Westen, die aus estnischen und bulgarischen Militäruniformen stammen und in Estland geupcycelt werden. Reet Aus kann man am besten via Trash To Trend beziehen. Falls das ein oder andere Teil aus der Kollektion nicht online sein sollte, einfach nachfragen. Der Kundenservice ist unglaublich gut.

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Auf dieser Fashion Week bin ich u.a. um folgende Erkenntnis reicher geworden: Lanius macht einfach die schönsten Wollmäntel. Diese Schnitte! Diesen Farben! Diese Perfektion könnte in meinen Augen noch gesteigtert werden, wenn die kommenden Kollektionen um vegane Mäntel erweitert werden. Ein weiterer Fund: Die Culotte. Zugegeben hatte sich mir der Culotte-Hype bislang nicht ganz erschlossen. Bis ich die 7/8-Culotte in Curry von Lanius entdeckte. Dank der Länge sieht das Bein sowohl mit Sandale als auch mit Stiefel und hervorblitzender Socke gut aus, so dass auch Menschen unter 1,70 Körpergröße einen Hauch französische Eleganz versprühen können.

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Lovjoi ist gekommen, um zu bleiben. Das süddeutsche Label aus Riedlingen hat sich innerhalb von sechs Monaten von drei auf sieben Mitarbeiter vergrößert. Auf der Ethical Fashion Show präsentierte Lovjoi seine Sommer- und Winterkollektion,  die sich aus GOTS-zertifzierten Materialien zusammensetzt und in der eigenen Näherei in der schwäbischen Alb hergestellt wird. Lovjoi verwendet keine tierischen Fasern. Auch dieses Mal gibt es wieder einige wunderschöne Unisex-Styles, allerdings mit weniger asymmetrischen Schnitten. Die Lovjoi-Farbpalette umfasst Schwarz, Weiß, Grau und Blau. Prints gibt es keine, dafür Streifen. Mein Lieblingsteil: Der kurze Jumpsuit in Denim-Optik.

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Eines der innovativsten Labels der letzten Jahre ist für mich Mud Jeans aus den Niederlanden. Das Business Model beruht primär auf Leasing: Leihen statt kaufen. Mal ehrlich: Wie viele Jeans hängen in euren Kleiderschränken und wie viele davon tragt ihr wirklich? Ich besitze vier Modelle, die ich regelmäßig trage. Zwei davon habe ich bereits unzählige Male reparieren lassen. Nicht, weil sie besonders hochwertig oder teuer sind, sondern weil die Unternehmen keinen Service anbieten, die Jeans zurückzunehmen und in den Kreislauf zurückzuführen. Und genau hier setzt Mud Jeans ein. Hier können Jeans ganz einfach für 7,50 Euro im Monat ausgeliehen werden. Wenn das Abo nicht verlängert wird, schickt der Träger die Jeans an Mud Jeans zurück. Nach einem Jahr kann die Jeans entweder behalten, getauscht oder zurückgegeben werden. Das Unternehmen prüft das zurückgegebene Modell auf Qualität, upcycelt es gegebenenfalls und bietet es als Vintage-Modell im Shop an oder recycelt es zu neuen Hosen oder Oberteilen. Ein geschlossenes Kreislaufmodell also, in dem alles wiederverwendet wird, weshalb übrigens auch keine Lederpatches verwendet werden.

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Und zu guter letzt noch mein Lieblingsteil vom Berliner Label format: Dieser gemütlich-elegante blaue Jumpsuit aus Bio-Baumwolle mit Taschen und Gürtel.

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Ein großer Dank an alle Handmodels!

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