Eines der meist gelesenen deutschsprachigen Vegan-Blogs heißt Deutschland is(s)t vegan, kurz div, ein Onlinemagazin über vegane Lebensweisen. Die Autoren des Netzwerk-Blogs informieren regelmäßig über vegane Lifestyle-Produkte, geben Ernährungstipps und testen deutschlandweit vegane Restaurants. Die wichtigsten Informationen hat Patrick Bolk, div-Mitbegründer und -Chefredakteur sowie Autor von Berlin is(s)t Bio, nun in einem „Wegweiser durch den veganen Alltag“ beim Ventil Verlag herausgegeben. Ab heute Vegan versammelt Fakten und Tipps rund um die Themen Ernährung, Kosmetik und Kleidung für Veganer oder die, die es noch werden wollen. Das alles „ohne erhobenen Zeigefinger und undogmatisch“, wie die Autoren selbst auf ihrem Blog schreiben.
Als Vegetarier interessiere ich mich für nachhaltige Lebensformen und versuche meinen Speiseplan seit einiger Zeit Stück für Stück zu veganisieren. Die vegane Ernährungsform sollte also kein Neuland für mich sein. Weit gefehlt, wie mir die Lektüre von Ab heute Vegan zeigt. So werde ich meinen Bäcker nächsten Sonntag fragen müssen, ob seine Brötchen Schweineschmalz oder Rindertalg aufweisen. Auch beim Kauf von Saft, Essig oder Wein raten die div-Autoren zur Skepsis, da hier oft Eiweiß, Gelatine oder Fischblase zur Klärung eingesetzt werden. Da diese Mengen relativ klein sind, müssen sie laut dem deutschen Lebensmittelgesetz nicht gekennzeichnet werden. Der Verbraucher wird nicht nur von der Lebensmittelindustrie, sondern auch von der Gesetzesseite im Dunkeln gelassen. Für Aufklärung und Transparenz sorgen Webseiten wie Tierrechtskochbuch oder Vegpool, die versteckte Inhaltsstoffe offenlegen.
Neben anschaulichen Informationen zu pflanzlichen Ersatzprodukten und ihren Nährwerten, ist das Kapitel „auswärts & unterwegs vegan essen“ sehr aufschlussreich. Hier beleuchten die Autoren die Weltküchen genauer. Meine mentale Notiz für den nächsten Restaurantbesuch: Ist die hausgemachte Pasta beim Italiener mit Ei verfeinert? Verwendet mein Lieblingschinese Fisch- oder Austernsauce? Ist die Currypaste beim Thaiimbiss frei von Schalentieren und mein vermeintlich veganes Sushi ohne Thunfischflocken? Wenn einem der Wegweiser eines nahelegt, ist es: Nachfragen, nachfragen und nochmals nachfragen! Mein nicht-veganer Begleiter wird es mir danken…

Copyright: Maike Burmeister
Zugegeben beschränken sich meine veganen Versuche auf meinen Speiseplan. Was bei der Ernährung einigermaßen funktioniert, verläuft bei der Wahl von Kleidung und Kosmetik alles andere als vorbildlich. Denn ich trage nach wie vor Lederschuhe und achte beim Kauf meiner Hautcreme nur auf das Siegel „parfümfrei“. Das ist eine merkwürdige Doppelmoral, zumal es doch eigentlich logisch ist, dass man als Vegetarier oder Veganer den Tod von jährlich fast 3 Millionen Tieren in Versuchslaboren nicht mitverantworten möchte. In Ab heute Vegan gibt es glücklicherweise ein Kapitel zu Kosmetik, welches eine Reihe von Siegeln benennt, die vegane oder tierversuchsfreie Produkte erkennen lassen, wie beispielsweise das BDIH-Prüfzeichen vom Bundesverband deutscher Industrie- und Handelsunternehmen oder die Veganblume.
Das Motto „Kein Tier auf den Teller, kein Tier auf die Haut“ gilt natürlich auch für Kleidung. Seide, Daunen, Wolle, Leder und Pelz sind allesamt Stoffe, die von Tieren stammen. Allein für die Pelzproduktion werden jährlich über 50.000.000 Tiere weltweit getötet. Dass man als Verbraucher besser zu Fasern wie Bambus, Tencel, Bananenseide, Polyester und Co greifen sollte, trägt nicht nur zum Tier-, sondern auch zum Umweltschutz bei. Ab heute Vegan informiert hierzu über Gütesiegel, vegane Modelabels und tierische Fallen in vermeintlich tierfreier Kleidung, wie Reißverschlüsse, Leder-Patches an Hosen und Schuhkleber. Das ist eine große Hilfe, auch wenn sich in mir langsam die panische Gewissheit breit macht, dass Veganismus das komplette Leben bestimmt.
Etwas fragwürdig erscheint mir hingegen das Kapitel „Entspannt mit (Nicht)-Veganern“, in dem Verhaltenskodexe zum konfliktfreien Miteinander genannt und Regeln wie „Wer missioniert, verliert“ aufgestellt werden. Der Vegetarierbund (VEBU) hat hierfür gar eigens einen Diskussionsleitfaden herausgegeben. Und wenn man mit Nicht-Veganern absolut nicht kann, helfen Veggie-Partnerbörsen oder der Veggie-Buddy-Service vom VEBU weiter. Ich werde mich vorerst weiterhin mit meinen fleischessenden Freunden treffen.
Ab heute Vegan ist übersichtlich gestaltet, informativ und gut bebildert. Neben vielen Fakten und Daten gibt es auch persönliche Geschichten von „Aussteigern“. Insgesamt ist das Buch definitiv kompakter als das Blog, wodurch es auch etwas an (Stimmen-)Vielfalt, Aktualität und Detailliebe einbüßt. Die vielen weiterführenden Onlinelesetipps funktionieren leider nicht auf Papier. Dafür hätte ich lieber 50 Seiten mehr in den Händen gehalten. Die Lektüre regt aber in jedem Fall dazu an, sich über verschiedene Aspekte des Veganseins zu informieren und Gewohnheiten zu hinterfragen. Meine Lebensmittel-, Buch- und Linklisten sind jedenfalls lang geworden.
Patrick Bolk (Hg.)
Ab heute Vegan. So klappt dein Umstieg. Ein Wegweiser durch den veganen Alltag.
Ventil Verlag, 2013.
144 Seiten
Das Buch ist in jeder Buchhandlung erhältlich.